Meldungen aus dem Landesverband Niedersachsen
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Carl-Gotthard-Langhans-Schule aus Wolfenbüttel bereitet mit dem Volksbund einen Erasmus-Austausch vor

Die Jugendbegegnungsstätte Albert Schweizer als Begegnungsort

Schulleiter Stefan Volkmann und die Erasmus-Beauftragte Maike Laird informieren sich in Niederbronn-les-Bains über die pädagogischen Angebote der Jugendbildungsstätte

Das Erasmus-Programm der Europäischen Union will Begegnungen, Austausch und gemeinsame Projekte von Schülerinnen und Schülern in ganz Europa anregen. Ziele sind unter anderem die europäische Dimension des Lehrens und Lernens zu fördern, Wissen über das gemeinsame europäische Erbe und die Vielfalt auf unserem Kontinent zu vermitteln und professionelle Netzwerke in ganz Europa zu entwickeln.

Die Carl-Gotthard-Langhans-Schule aus Wolfenbüttel will mit Hilfe des Volksbunds einen Erasmus-Austausch fest etablieren. Schulleiter Stefan Volkmann hatte von den Studienfahrten, die der Bezirksverband Braunschweig mit Auszubildenden unternimmt, erfahren und fand, das Konzept sei ein mögliches Vorbild. 

Darum fuhren er und die Erasmus-Beauftragte Maike Laird zusammen mit dem Bildungsreferenten Dr. Rainer Bendick in die internationale Jugendbegegnungsstätte Albert Schweizer nach Niederbronn-les-Bains, um zu erkunden, ob Schülerinnen und Schüler der Carl-Gotthard-Langhans-Schule sich dort mit jungen Franzosen treffen könnten.

Gleich nach der Ankunft führte Nils Grammes, einer der pädagogischen Mitarbeiter der Jugendbegegnungsstätte, über die Kriegsgräberstätte. Die höchst unterschiedlichen Biografien der Kriegstoten zeigen, welches pädagogisches Potential die Beschäftigung mit Kriegsgräbern bietet.

Am nächsten Tag stellte Joël Winter, die Leiterin der Jugendbegegnungsstätte, verschiedene pädagogische Module vor, die aus den Nachlässen der in Niederbronn ruhenden Toten erarbeitet worden sind.

Am Nachmittag fuhren wir in die Gedenkstätte des ehemaligen Konzentrationslagers Natzweiler-Struthof. Dorthin waren von 1941 bis 1944 etwa 52.000 Gegner des Nationalsozialismus mit über 30 unterschiedlichen Nationalitäten verschleppt worden. „Im Lager wurde ich zum Europäer“, so beschrieb einer der ehemalige Häftling seine Erfahrungen. In der Gedenkstätte werden die Lebensgeschichten von Menschen vorgestellt, die in Natzweiler inhaftiert waren und die sich trotz oder wegen der grausamen Verbrechen, die sie dort erlebt hatten, nach der Befreiung für Versöhnung, Gerechtigkeit, Solidarität und ein demokratisches Europa eingesetzt haben. Die Gedenkstätte des ehemaligen Konzentrationslagers ist darum ein idealer Ort für Begegnungen junger Menschen aus Frankreich und Deutschland, um zu verstehen, welche Bedeutung die Europäische Union heute hat.

Verdun war das Ziel des zweiten Tags. Hier lieferten sich Deutsche und Franzosen eine der erbittertsten Schlachten des Ersten Weltkriegs. Zerstörte Dörfer, alte Festungswerke und Forts und ein modernes, konsequent bi-nationales deutsch-französisches Museum zeugen heute von der Schlacht. Am beeindruckendsten ist sicherlich das Beinhaus, wo die Gebeine von Zehntausenden unbekannter Soldaten beider Seiten ruhen. Es steht heute für die Aussöhnung von Deutschen und Franzosen. Vor dem Beinhaus reichten sich im September 1984 der französische Staatspräsident François Mitterand und der deutsche Bundeskanzler Hellmut Kohl die Hände. Heute erinnert ein kleines Kunstwerk daran.

An diesem Ort werden die Grausamkeit des Krieges und die Bedeutung der deutsch-französischen Aussöhnung bewusst – aber auch die Bedingungen, unter denen Verständigung und Frieden möglich sind. Schon 1936 trafen sich vor dem Beinhaus etwa 30.000 Veteranen aller am Weltkrieg beteiligten Nationen. Das nationalsozialistische Deutschland hatte zuvor die internationale Abrüstungskonferenz verlassen, war aus dem Völkerbund ausgetreten, hatte die Wehrpflicht wieder eingeführt, ein umfangreiches Aufrüstungsprogramm beschlossen und unterdrückte im Inneren alle Menschen, die nicht den nationalsozialistischen Vorstellungen entsprachen. Es sah in dem Treffen vor dem Beinhaus eine Möglichkeit, sein Ansehen im Ausland zu verbessern und seinen vorgeblichen „Friedenswillen“ zu inszenieren. Im „Schwur von Verdun“ versicherten die Veteranen, den Frieden „bewahren und zu wollen“ – vier Jahre später paradierte die Wehrmacht auf den Champs-Elysée. Versöhnung und Frieden sind mit Diktaturen unmöglich, auch das zeigt Verdun.

Die Fahrt nach Niederbronn überzeugte Maike Laird und Stefan Volkmann von den Möglichkeiten, die die Bildungsarbeit des Volksbunds mit dem Fluchtpunkt Europa bietet, denn diese Botschaft geht heute von Kriegsgräbern aus. In der Jungendbegegnungsstätte trafen sie zudem eine Gruppe französischer Schülerinnen und Schüler einer Berufsschule aus der Nähe von Anger, die einen Austauschpartner in Deutschland suchte. Schnell war man sich einig, dass man gerne im November eine gemeinsame Begegnung in Niederbronn durchführen möchte. Dann werden die Schülerinnen und Schüler auch das Europaparlament in Straßburg besichtigen und dort erfahren, wie Konflikte friedlich durch immer neue Kompromisse gelöst werden – während ihre Vorfahren sich auf den Schlachtfeldern töteten.

Dr. Rainer Bendick Bildungsreferent

Bezirksverband Braunschweig