Meldungen aus dem Landesverband Niedersachsen
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„Europa, der Krieg und ich“

100 Jahre Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V. | Ausstellung in der Einbecker Volksbank bis 20. Februar

Einbeck. Noch bis zum 20. Februar 2020 ist die Ausstellung zum 100jährigen Bestehen des Volksbundes in der Volksbank zu Einbeck zu sehen.

Eröffnet wurde sie durch die Bürgermeisterin und Ortsvorsitzende des Volksbundes, Dr. Sabine Michalek, und den Vorstandsmitglied der Volksbank, Andreas Wobst. Dass die Ausstellung in der Volksbank gezeigt werden konnte, ist der Vermittlung des langjährigen und engagierten Volksbundmitgliedes Elfie Haupt aus Vogelbeck zu verdanken.

In diesem Jahr blickt der Volksbund auf eine 100-jährige Geschichte zurück, die untrennbar mit der deutschen Geschichte in diesem Zeitraum verbunden ist. Gegründet im Dezember 1919 als privater Verein zur Pflege der Soldatengräber des Ersten Weltkrieges, übernahm er im Laufe des 20. Jahrhunderts zunächst die Aufgabe, sich um die Gräber der deutschen gefallenen deutschen Soldaten und um die Betreuung der Angehörigen zu kümmern. Er hat das Gefallenengedenken nach den beiden Weltkriegen maßgeblich geprägt und den Wandel der deutschen Erinnerungskultur mitgestaltet. Heute umfasst Kriegsgräberfürsorge die Sorge um die Gräber aller Toten von Krieg und Gewaltherrschaft, das öffentliche Gedenken und Mahnen für den Frieden sowie eine auf Friedensfähigkeit und Verständigungsbereitschaft zielende Jugend-, Schul- und Bildungsarbeit.

Die Ausstellung spannt den weiten Bogen vom Beginn der Kriegsgräberfürsorge in Europa im späten 19. Jahrhundert, über die konkreten Aufgaben, die aus dem massenhaften Sterben in den beiden Weltkriegen erwuchsen, hin zu der „Versöhnung über den Gräbern“ und den heutigen ersten Ansätzen gemeinsamen europäischen Gedenkens.

Die Besucherinnen und Besucher können sich mit insgesamt 21 inhaltlichen Schwerpunkten auseinandersetzen. Auf den Stellwänden finden sich so die Kernarbeitsbereiche und wichtige Etappen der Verbandsgeschichte dargestellt. Dazu gehören beispielsweise die Gründungsphase in der Weimarer Republik und die willige Andienung an das nationalsozialistische Gewaltregime, die Kontinuitäten und Brüche nach 1945 sowie das erweiterte Aufgabenfeld nach der Öffnung Osteuropas. Es geht um die Toten-Umbettung und Identifizierung, Gestaltung von Kriegsgräberstätten, nationale und internationale Workcamps, Spendenaktionen, Initiativen für Friedensarbeit und Fragen der Erinnerungs- und Gedenkkultur.

Die  Ausstellung macht deutlich, dass Krieg kein weit entferntes Phänomen ist, sondern sehr rasch real werden kann. Jede Besucherin, jeder Besucher ist vor die ganz persönlichen Fragen gestellt: Was kann ich tun für meine und die kommenden Generationen? Wie kann ich beitragen für ein friedliches Zusammenleben?

Der Gestaltung der gesamten Ausstellung liegt ein einheitliches Grafikkonzept zugrunde, welches die Besucherinnen und Besucher stets in ein unmittelbares Verhältnis zu den Ausstellungsinhalten bringt. Je nach Perspektive nimmt man eine RÜCKBLICK-Position (alle rot eingefärbten Elemente) oder eine AUSBLICK-Position (alle blau eingefärbten Elemente) ein – und kann so die eigene Gegenwart prüfend einbringen. Die Schau mit ihren vielen spannenden Inhalten und Perspektiven verweist auf die Kernkompetenzen des Volksbundes, vor allem aber lässt sie eines deutlich werden, dass alles Tun mit den Lebensgeschichten und Schicksalen vieler einzelner Menschen und ihrer Angehörigen verbunden ist, dass alle Bemühungen letztlich darauf zielen, den Toten ihre Namen zurückzugeben und damit zu Trauerbewältigung und Versöhnung beizutragen.

Krieg ist kein Zustand, den wir in Europa für alle Zeiten überwunden haben. In der Ukraine wird seit mehreren Jahren ein blutiger Konflikt ausgetragen. Nationalistische Kräfte in ganz Europa stellen Menschenrechte und freiheitliche Werte in Frage. Frieden ist immer fragil, nie eine Selbstverständlichkeit, ein Zustand, für den jeden Tag gearbeitet werden muss. „Frieden braucht Mut“, darauf will der Volksbund im 100. Jahr seines Bestehens – auch und ganz besonders mit dieser Ausstellung – hinweisen.

Text: Michael Gandt
Bild: Einbecker Morgenpost