Das Lager Sandbostel
Im September 1939 kamen mehrere tausend Polen als erste Kriegsgefangene in das südlich von Bremervörde, abseits in einer Moorlandschaft zwischen Elbe und Weser gelegene Lager Sandbostel.
In diesem Lager, bezeichnet als Stalag X B (Mannschafts-Stammlager B im Wehrkreis X, Hamburg), waren bis zu seiner Befreiung im April 1945 einige Hunderttausend Menschen aus großen Teilen der Welt untergebracht: Kriegsgefangene, vornehmlich aus der Sowjetunion, Frankreich, Polen, Jugoslawien und Großbritannien, italienische Militärinternierte, Angehörige der britischen Handelsmarine, Teilnehmerinnen und Teilnehmer am Warschauer Aufstand von 1944 und zuletzt auch etwa 10.000 KZ-Häftlinge. Manche Gefangene blieben nur einige Tage im Lager, andere mehrere Jahre.
Die Kriegsgefangenen wurden an zahlreichen Orten in der norddeutschen Kriegswirtschaft eingesetzt. Zu einem Massensterben durch Hunger, Seuchen, Erschöpfung und Gewalt kam es im Herbst und Winter 1941/42 unter den sowjetischen Kriegsgefangenen sowie im April/Mai 1945 unter den nach Sandbostel verschleppten KZ-Häftlingen. Die Toten des Lagers sind auf dem etwa zwei Kilometer östlich des Lagers gelegenen Friedhof beerdigt. Ihre Zahl ist bis heute nicht abschließend geklärt. Die Schätzungen schwanken zwischen 8.000 und 50.000 Toten.
Nach der Befreiung durch britische Truppen brannten diese im Mai 1945 mehrere Lagerareale wegen einer Typhusepidemie nieder. Von Juni 1945 bis 1948 wurden einige tausend SS- und NS-Führer in Sandbostel interniert.
In den Jahren 1952 bis 1960 dienten die bis dahin noch existierenden Baulichkeiten als Durchgangslager für jugendliche DDR-Flüchtlinge.
1974 wurden die Teile des Lagergeländes, die noch nicht in Ackerland zurückverwandelt worden waren, zum „Gewerbegebiet Immenhain“ erklärt. Die 25 bis heute zumindest in den Grundstrukturen erhaltenen Gebäude des Stalag X B stehen seit 1992 (mit wenigen Ausnahmen) unter Denkmalschutz.
2005 wurde die „Stiftung Lager Sandbostel“ ins Leben gerufen. Der Auftrag der Organisation ist es, eine Gedenk- und Begegnungsstätte auf dem ehemaligen Lagergelände zu errichten.
Der Friedhof
Die sowjetische Militäradministration ließ im Sommer 1945 auf dem Friedhof Sandbostel ein Ehrenmal für die dort beerdigten Rotarmisten errichten.
1949 wurde der gesamte Friedhof einplaniert und umgegraben. Danach wurden die 53 sowjetischen Massengrabreihen oberirdisch auf einer wesentlich kleineren Fläche zu (heute 14) „Sammelgräbern“ zusammengefasst; die Grabanlage entspricht also zum Teil nicht der tatsächlichen Lage der Toten.
1956 wurde das sowjetische Ehrenmal – unter anderem wegen der auf ihm vermerkten angeblich weit überhöhten Zahl der Toten – auf Betreiben des Landkreises Bremervörde und des niedersächsischen Innenministeriums abgerissen. Die dreisprachige Inschrift des sowjetischen Ehrenmals lautete: „Hier ruhen 46.000 russische Soldaten und Offiziere, zu Tode gequält in der Nazigefangenschaft“.
1956 wurde im Zuge einer ersten großen Umgestaltung des Friedhofes auch die Umbettung von fast 3.000 KZ-Häftlingen aus Massengräbern in der Region im Wesentlichen abgeschlossen.
Die Überreste der nichtsowjetischen Kriegsgefangenen wurden größtenteils in ihre Heimatländer, die der Italiener auf den Zentralfriedhof in Hamburg-Öjendorf überführt.
Heute befinden sich noch etwa 170 Einzelgräber von polnischen, jugoslawischen und unbekannten Kriegsgefangenen auf dem Friedhof.
Die nationalen Veteranenverbände der Kriegsgefangenen und die Organisationen der überlebenden KZ-Häftlinge wie die Amicale Internationale de Neuengamme setzten sich nach dem Krieg dafür ein, dass die Geschichte des Stalag X B nicht in Vergessenheit geriet und die Grabstätten der Toten von Sandbostel in einem würdigen Zustand gehalten wurden.
Für ihre Pflege war seit 1946 das Land Niedersachsen zuständig; seit 1973 wird der Friedhof im Auftrag des Landes von der Gemeinde Sandbostel betreut.
Literatur- und Quellenhinweise:
- Werner Borgsen, Klaus Volland: Stalag X B Sandbostel. Zur Geschichte eines Kriegsgefangenen- und KZ-Auffanglagers in Norddeutschland 1939–1945 – Bremen: Edition Temmen, 3. Auflage 2003
- Bundeszentrale für politische Bildung: Gedenkstätten für die Opfer des Nationalsozialismus – Bd. 1 – Bonn 1996, S. 459–461 Niedersächsisches Kultusministerium: Gedenkstättenarbeit in Niedersachsen – 2. Aufl. – Hannover 1998, S. 20f
- Katharina Dehnke: Verdrängte Erinnerung. Der Umgang mit sowjetischen Mahnmalen in Deutschland nach 1945 am Beispiel des Ehrenmals für sowjetische Tote des Kriegsgefangenlagers Sandbostel – Magisterarbeit – Uni Trier 1999
Schulprojekte
Schulprojekte in Sandbostel können sowohl als einzelner Projekttag als auch in Form eines mehrtägigen Projektes bzw. als Projektwoche gestaltet werden.
- Tagesprojekte:
Ein Projekttag einer Schulklasse sollte, abgestimmt auf die jeweilige Altersstufe der Schüler, die folgenden Bestandteile umfassen:
- Besuch der Ausstellung des Vereins
„Gedenkstätte Lager Sandbostel“ in Bremervörde (mit Filmvorführung);
- Führung durch das ehemalige Lagergelände;
- Besuch der Kriegsgräberstätte Sandbostel.
Auf dem Friedhof kann sowohl inhaltlich (zum Beispiel Beschäftigung mit Einzelschicksalen von sowjetischen Kriegsgefangenen und KZ-Opfern) als auch praktisch (Verrichtung kleinerer Pflegearbeiten) gearbeitet werden.
Um solche Projektarbeit von Schulklassen auf der Kriegsgräberstätte Sandbostel zu ermöglichen, hat der Volksbund dort ein Wetterschutz- und Informationshaus errichtet. Das Haus wurde im Frühjahr/Sommer 2003 von Schülerinnen und Schülern mehrerer berufsbildenden Schulen selbständig geplant und gebaut und steht jetzt zur Verfügung.
- Projektage/-woche:
Mehrtägige Projekte für eine Schulklasse oder Jugendgruppe in Sandbostel werden ermöglicht durch Unterkunft in der „Freizeit- und Begegnungsstätte Oese“ – www.fub-oese.de . Die Freizeit- und Begegnungsstätte befindet sich im ca. 15 km westlich von Sandbostel gelegenen Basdahl-Neu Oese.
So findet man Sandbostel
Von Bremervörde aus fährt man in Richtung Zeven auf der B 71 bis kurz hinter der Ortschaft Bevern. Dort biegt man rechts ab in Richtung Sandbostel. Der Friedhof befindet sich gleich auf der rechten Seite am Ortseingang. Zum Lager folgt man der Beschilderung „Gewerbegebiet Immenhain“ in Richtung Heinrichsdorf.
Wer über die Autobahn A 1 kommt, nimmt die Abfahrt Bockel bzw. Sittensen in Richtung Zeven. Von Zeven aus fährt man die B 71 in Richtung Selsingen weiter. In Selsingen biegt man links nach Sandbostel ab und folgt der Beschilderung „Kriegsgräberstätte“. Vor Heinrichsdorf befindet sich das ehemalige Lager.
Planung und Organisation von Schulprojekten über:
Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e. V.
Bezirksverband Lüneburg/Stade
Bildungsreferent: Karl-Friedrich Boese
Auf der Hude 8
21335 Lüneburg
Tel: 04131 - 36 695
Fax: 04131 - 36 605
E-Mail: karl-friedrich.boese@volksbund.de
Internet: niedersachsen.volksbund.de
Weitere Ansprechpartner:
Dokumentations- und Gedenkstätte Sandbostel e. V
Großer Platz 4
27432 Bremervörde
Tel. und Fax: 04761 - 74 68 58
E-Mail:
Internet: stiftung-lager-sandbostel.de
Niedersächsisches Kultusministerium
Geschäftsstelle des Wissenschaftlichen Beirats für Gedenkstättenarbeit in Niedersachsen
Schiffgraben 12
30159 Hannover
Tel: 0511 120 71 27
Fax: 0511 120 74 64
Internet: www.niedersachsen.de/MK1.htm
Stiftung „Niedersächsische Gedenkstätten“
Welfenallee 32
9225 Celle
Tel.: 05141 933 55-0
E-Mail:
Internet: www.stiftung-ng.de